Westgrenze & Berliner Mauer

Die Grenze zwischen der DDR und der BRD bzw. Westberlin waren nicht einfach Landesgrenzen, sondern die Trennlinie zwischen zwei total gegensätzlichen Machtsystemen.
Auf der einen Seite stand der westliche Kapitalismus unter Führung der USA, auf der anderen Seite die deutschnationale Version des Kommunismus unter der Obhut der Sowjetunion.

Bereits nach der Aufteilung Deutschlands durch die Siegermächte des 2. Weltkriegs wurden die Sektorengrenzen zur sowjetischen Besatzungszone von deutscher Polizei und sowjetischer Armee mehr oder weniger stark bewacht und kontrolliert.
Am 26. Mai 1952 wurde in Bonn mit dem Generalvertrag die weitgehende Souveränität der BRD gegenüber USA, Großbritannien und Frankreich unterzeichnet. Am gleichen Tag beschloß der Ministerrat der DDR in Berlin die „Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungs­zonen Deutschlands“.
Diese Verordnung war die Grundlage für den Aufbau der Grenzbefestigungsanlagen an der 1.393 Kilometer langen innerdeutschen Grenze.
Neben dem Bau von Zäunen, Stacheldraht-Hindernissen und Kontrollwegen wurden Grenzübergänge geschlossen und eine 5 Kilometer breite Sperrzone in der DDR eingerichtet.

Hier der schematische Aufbau der DDR-Grenze zur BRD:

  1. Grenzpfahl der BRD
  2. eigentliche Grenze
  3. Beton-Grenzsäule der DDR mit staatlichem Hoheitszeichen
  4. Sperrzaun 1,welcher als 3 Meter hoher Metallstreckzaun gebaut war
  5. Kfz-Sperrgraben mit Sperrwirkung auf Fahrzeuge aus Richtung DDR-Landesinnerem
  6. 6 Meter Kontrollstreifen für die Sichtung von Fuß- und Reifenspuren. Dieser Streifen wurde ständig gepflügt und mittels Unkrautvernichtungs-Chemikalien Pflanzenfrei gehalten
  7. Kolonnenweg zum Abfahren des Kontrollstreifens
  8. mancherorts Hundelaufanlagen
  9. ca. 500 Meter breiter Schutzstreifen mit Beobachtungs- und Führungstürmen. In diesem Schutzstreifen wurde auch besonders bewachte Landwirtschaft betrieben.
  10. 2 Meter hoher Sperrzaun2 mit Signalmeldedrähten und Stacheldraht
  11. 3 Meter breiter Kontrollstreifen
  12. nochmal ein Kolonnenweg
  13. in einer Entfernung von 3-5 Kilometer von der eigentlichen Grenzlinie waren überall Schilder mit der Aufschrift „Grenzgebiet Sperrzone!“ aufgestellt und an den Straßen befestigte Kontrollpunkte mit Schlagbaum eingerichtet. Hier wurden von den Grenzern die Vermerke im Personalausweis bzw. Passierscheine kontrolliert, um eine Übersicht der im Sperrgebiet befindlichen Personen zu haben.

Die Bewohner dieser Sperrzone wurden von Polizei und Stasi auf ihre Einstellung gegenüber der DDR überprüft und „politisch unzuverlässige“ Bürger wurden zwangsweise ins Landesinnere umgesiedelt.
DDR-Bürger, welche in dieser Sperrzone wohnten, erhielten einen Genehmigungsvermerk in ihren Personalausweis, mit dem sie sich im Sperrgebiet ihres Heimatkreises frei bewegen durften. Ein Wechsel in ein anderes Kreisgebiet war jedoch genehmigungspflichtig. Besucher für die Sperrzonen-Bewohner (auch Familienangehörige, die nicht mehr im gleichen Ort wohnten) benötigten eine besondere Genehmigung, die jeweils zeitlich im Voraus beantragt werden musste. Dies war der sogenante Passierschein.

Für die Sicherung der Landesgrenze waren ca. 45.000 Angehörige der DDR-Grenztruppen in enger Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit zuständig. Die Grenztruppen waren militärisch organisiert und als Teilstreitkraft direkt dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt. Die Grenztruppen waren dabei jedoch kein Teil der 160.000 Mann starken Nationalen Volksarmee.

Der Aufwand für Grenzsicherung, Ein- und Ausreisekontrollen und die Verfolgung/Verhinderung von Republikflucht war gigantisch und eine große Belastung für den DDR Staatshaushalt. Grob geschätzt kostete so ein Kilometer Westgrenze etwa 1 Million DDR Mark – pro Jahr!

Da die Abwanderung der DDR-Bürger durch die Grenzsicherung zwar erschwert wurde, jedoch nicht zum Erliegen kam, wurde am 13. August 1961 mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen. Im offiziellen Sprachgebrauch hieß die Berliner Mauer übrigens „Antifaschistischer Schutzwall“. Ab diesem Tag war die letzte offene Grenzlücke zwischen Ost und West geschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten bereits ca. 3,8 Millionen DDR-Bürger den sozialistischen deutschen Staat verlassen. Nach dem Mauerbau war dieser Exodus beendet.

Da die räumlichen Gegebenheiten in einer Stadt nicht so großzügig wie auf dem Land waren, wurde der Aufbau der Grenzsicherungsanlagen etwas modifiziert:

  1. Grenzlinie
  2. 3,40 Meter hohe Betonmauer mit abgerundeter Krone zur Verhinderung einfachen Überkletterns
  3. Kfz-Sperrgraben mit Sperrwirkung auf Fahrzeuge aus Richtung DDR-Landesinnerem
  4. Kontrollstreifen für die Sichtung von Fuß- und Reifenspuren. Dieser Streifen wurde ständig gepflügt und mittels Unkrautvernichtungs-Chemikalien Pflanzenfrei gehalten
  5. Kolonnenweg zum Abfahren des Kontrollstreifens
  6. Lichttrasse zur kompletten Ausleuchtung des Kolonnenwegs und Kontrollstreifens
  7. Schutzstreifen mit Beobachtungs- und Führungstürmen
  8. 2 Meter hoher Sperrzaun2 mit Signalmeldedrähten und Stacheldraht
  9. Sichtschutzmauer gegen das Ausspionieren der Grenzsicherungsanlagen

Schießbefehl und Grenztote

Zur Verteidigung der DDR-Grenze waren den Grenzern befohlen worden, auch von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Die Parole lautete, Grenzverletzer festzunehmen oder zu vernichten.
Im Zeitraum zwischen 1952 und 1984 waren direkt am Sperrzaun 1 auch Selbsschussanlagen und etwa 1 Millionen Landminen angebracht.  Aufgrund von Annäherungsgesprächen mit der BRD wurden die Selbstschußanlagen ab 1984 abgebaut und die Minen gesprengt. Da es nicht überall sauber protokolliert wurde, wird davon ausgegangen, dass auch heute noch ca. 30.000 Minen im ehemaligen Grenzstreifen liegen.

All die Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze und die juristische Verfolgung von Republikflucht hielten tausende von DDR-Bürgern nicht davon ab, einen Fluchtversuch zu wagen. Die Motive dabei waren genauso vielfältig, wie die oft waghalsigen Fluchtwege. Spektakuläre Ansätze mit selbstgebauten Ballons, Tunneln, Booten waren ebenso vertreten wie das Überfliegen mit Flugzeugen (meist Agrar- oder Segelflugzeugen), das Durchbrechen mit schweren Baufahrzeugen oder das Übersteigen bzw. Zerschneiden des Grenzzaunes.
Erschwert wurden alle diese Versuche, dadurch, dass es für die Bevölkerung keine genauen Karten von der Grenzregion gab. Die in der DDR herausgegebenen Atlanten und Karten waren bei militärischen Sperrgebieten und der Grenze bewußt verfälscht.
Auch wenn der Hauptteil der Grenzverletzer aus der DDR kam, waren auch illegale Aktionen von der Westseite zu verzeichnen. Solche Aktionen wurden in der DDR-Presse eher bekannt gemacht, um die Rechtfertigung der Grenzanlagen zu verteidigen.

Die historischen Untersuchungen der Grenztoten ergeben unterschiedliche Zahlen. Etwa 800 Tote an der innerdeutschen Grenze können als belegt angesehen werden. Etwa 30 davon sind Grenzer im Einsatz gewesen. Die blutigste Grenze zwischen Ost und West in Europa war jedoch die Grenze zwischen der CSSR und Österreich. Hier kamen über 1.000 Menschen ums Leben. 80% davon waren Angehörige der tschecheslowakischen Grenztruppen.

Fall der Mauer

Als Reaktion auf die Ergebnisse der Volkskammerwahl im Mai 1989 wurden kamen immer mehr Unruhen in der DDR auf. Der SED wurde Wahlfälschung vorgeworfen und ein Verharren in der Politik der 1950er Jahre. Viele DDR-Bürger flohen aus Perspektivlosigkeit im Sommer 1989 über die aus Kostengründen plötzlich weitgehend ungesicherte ungarische Grenze nach Österreich. Der Bürgeraufstand formierte sich besonders ab Oktober nicht nur in Kirchen und Privatwohnungen, sondern auch auf der Straße. Die DDR-Führung wurde dann sehr schnell ausgewechselt und die SED versuchte weitgehend planlos, ihre Macht weiterhin zu sichern. So hatte sie ein Reisegesetz entworfen, welches mehr DDR-Bürgern eine Ausreise in die BRD ermöglichen sollte. In den verschiedenen Versionen dieser Ausreiseregelung wurden auch Privatreisen ohne Ausbürgerung aufgenommen und dann vom SED Politbüro und ZK genehmigt. Günter Schabowski, der gerade 3 Tage im Amt eines Regierungssprechers war, kam wegen Terminüberlappungen zu spät zur Reiseregelung-Besprechung. Egon Krenz, damaliger Regierungschef, drückte Günter Schabowski die neue, noch nicht von allen Gremien freigegebene Reiseregelung in die Hand und forderte ihn auf, dies in der Pressekonferenz in einer halben Stunde bekannt zu geben. Dass diese Regelung erst in ein paar Tagen in Kraft treten sollte, hatte Schabowski niemand mitgeteilt. So antwortete Schabowski auf eine Frage eines italienischen Journalisten am 9. November 1989, dass diese Reiseregelung „ab sofort, unverzüglich“ in Kraft trete und schaffte damit die Grundlage für die partielle Grenzöffnung in der Nacht zum 10.11.1989. Die Grenze zwischen DDR und BRD war geöffnet und die Reisefreiheit der DDR-Bürger hergestellt. Der Anfang vom Ende der DDR war offiziell besiegelt. Ein neuer Massenexodus gen Westen war eingeleitet worden.

 

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