Wirtschaft

Ein bedeutender Unterschied bei der Umsetzung des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus ist der Wirtschaftsaufbau.
Wird im Kapitalismus die Produktion und die Preise meist dezentral durch den Bedarf und die Nachfrage des Marktes geregelt,  so wurde in der DDR eine zentrale Planwirtschaft realisiert.

Voraussetzungen

Getreu den Lehren des Marxismus wurden sofort nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands alle Fabrikbesitzer und Großgrundbesitzer in der sowjetischen Besatzungszone ohne Entschädigung enteignet und die Produktionsstätten verstaatlicht.
Als Wiedergutmachungsleistung für die Zerstörungen im 2. Weltkrieg demontierte die Sowjetunion in ihrer Besatzungszone über 3.400 Betriebe (entsprach 1/3 der dort vorhandenen Wirtschaftsleistung) und etwa 12.000 km Schienennetz und schickte die Maschinen und Schienen nach Russland.
In den westlichen Besatzungszonen wurden hingegen nur ca. 370 Betriebe demontiert, wovon ebenfalls wieder 10% in die Sowjetunion geschickt wurde.

Die Voraussetzungen für die DDR-Wirtschaft waren also deutlich schlechter, als im Westen Deutschlands, wo die Wirtschaftsabgaben eingestellt und statt dessen ein großangelegtes Wirtschaftsunterstützungsprogramm (Marshall-Plan) umgesetzt wurde.

Planwirtschaft

Die SED als führende Regierungspartei legte in Abstimmung mit der Sowjetunion umfassende, landesweite Ziele fest, welche in der DDR verwirklicht werden sollten. Damit diese auch umgesetzt werden konnten, gab es eine zentrale Planungskommission. Diese plante zusammen mit den Ministerien, wann wer welche Wirtschaftsleistungen erbringen sollte.

1950 wurde von der SED der 1. Fünf-Jahres-Plan verabschiedet. Als Ziele wurden der Ausbau der Grundstoff-, Schiffs- und Maschinenindustrie festgelegt. Als ein Ergebnis wurde ein komplett neues Eisenwerk samt Arbeiterstadt (heute Eisenhüttenstadt) südlich von Frankfurt/Oder gebaut.

Gleichzeitig wurde die DDR-Industrie von der Sowjetunion in das Ostblock-Industrie-Geflecht (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) aufgenommen und eingeplant.

Bis 1952 wurde die Industriedemontage komplett beendet. Statt dessen wurden die 200 wichtigsten Großbetriebe in Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) umgewandelt. In der Folge mussten 1/3 der Umsätze dieser Betriebe direkt an die Sowjetunion abgeführt werden. 1954 wurden bis auf die SAG „Wismut“ (Uran-Bergbau für Atombomben und Atomkraftwerke) alle SAG an die DDR verkauft.
1955 waren ca. 80% aller Industrie- und Handwerksbetriebe, sowie ca. 70% aller Geschäfte in DDR-Volkseigentum übergegangen.

Die im ersten Fünf-Jahres-Plan festgelegten Ziele setzten eine deutliche Erhöhung der Arbeitsnorm fest. Dies hatte eine steigende Unzufriedenheit der Arbeiter zur Folge und gipfelte im Volksaufstand am 17. Juni 1953, der von Volkspolizei und Sowjetarmee brutal niedergeschlagen wurde.

Durch die stagnierenden Wirtschaftsleistungen und den Druck der SED auf die Bevölkerung gingen viele qualifizierte Fachkräfte in den Westen. Dies schwächte die DDR sehr und wurde erst mit dem Bau der Mauer 1961 besser.

Kollektivierung der Landwirtschaft

Nach der Enteignung der Großgrundbesitzer sanken die Erträge in der Landwirtschaft deutlich. Ein Zusammenschluss der Kleinbauern in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG´s) nach sowjetischem Vorbild sollte Abhilfe schaffen. Zuerst wurden nur Feld-Bauern-Genossenschaften gebildet. Dies hatte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Anfang der 1960er Jahre wurde gegen massiven Widerstand vieler Bauern unter Einsatz von Volkspolizei, Stasi und Justiz die Kollektivierung von Tier- und Pflanzenzüchtern, sowie Forstbetrieben zu republikweit über 400 großindustriellen Landwirtschaftsbetrieben (LPG´s) abgeschlossen. Diese Entwicklung brachte eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Bauern und der Nahrungsversorgung der gesamten Bevölkerung.

Erst Ende der 1960er Jahre konnte wieder ein verbindlicher 5-Jahres-Plan verabschiedet werden, der eine Fokussierung auf die Chemie-, Elektro-, Elektronik-, und Maschinenbau-Industrie vorsah.
Ab 1971 wurden alle Bereiche der Volkswirtschaft wieder in einen straffen 5-Jahres-Plan eingebunden. Durch die weltweite Ölkrise 1973 stiegen die Wirtschaftsausgaben für die Folgejahre deutlich an.

Wirtschaftsprobleme während der Ära Honecker

Der amtierende Staatschef Erich Honecker leitete zu dieser Zeit aber auch ein neues sozialpolitisches Konzept für die Bevölkerung  (Steigerung des Lebensstandards durch  den Neubau von ca. 2 Millionen (die DDR-Führung kommunizierte geschönte 3 Millionen) modernen Wohnungen in Plattenbauweise, steigende Löhne, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des kulturellen Angebots) in die Wege, was zu weiteren Mehrausgaben führte. Eine Anhebung der Endkundenpreise (Lebenmittelpreise, Fahrkarten, Mieten etc.) zur Gegenfinanzierung dieses Programms erfolgte nicht. Die gute Sozialpolitik für die DDR-Bürger wurde also auf Pump betrieben.
So wuchs die Staatsverschuldung von 12 Milliarden DDR Mark im Jahr 1970 auf 43 Milliarden Mark im Jahr 1980 und letztlich 123 Milliarden Mark im Jahr 1989. Die Auslandsverschuldung der DDR gegenüber dem nichtsozialistischem Wirtschaftsraum (NSW) lag 1989 bei etwa 12 Milliarden US-Dollar (Quelle: Deutsche Bundesbank) und war damit weit weniger dramatisch, als die strukturellen Wirtschaftsprobleme innerhalb der DDR. Diese Verschuldungssumme konnte erst nach Offenlegung der geheimen KoKo-Unterlagen (siehe unten) ermittelt werden. Nach offiziellen DDR-Angaben wurde die Auslandsverschuldung im Jahr 1989 nämlich mit rund 25 Mrd. US Dollar ausgewiesen.

Im 5-Jahres-Plan Anfang der 1980er Jahre wurde eine Exportsteigerung und Senkung der Produktionskosten als oberste Plan-Ziele festgelegt.
Dies gelang jedoch nur durch enorme Reduzierung von Investitionen und Konsumgütern im Inland. Außerdem wurden die VEB´s für eine bessere Wertschöpfungskette in 147 Kombinaten (heute würde man dazu Misch-Konzerne sagen) zusammengelegt. Trotzdem wuchsen die Schulden im nichtsozialistischen Ausland weiter an, da fällige Zinszahlungen durch erneute Devisenschulden gedeckt wurden. Die Arbeitsproduktivität konnte auch nicht gesteigert werden, da durch die Verschleppung der Investitionen in neue Maschinen gut 40% der Arbeitskraft in manuelle und Instandsetzungs-Tätigkeiten gesteckt werden musste.

Zur Devisenbeschaffung wurde zudem bereits in den 1960er Jahren eine eigene streng geheime Stasi-Außenhandels-Abteilung gegründet: die Abteilung zur kommerziellen Koordinierung, kurz KoKo genannt. Über diese wurden z.B. zweifelhafte Waffen-, Technologie, Kunst- und Sondermüll-Geschäfte oder der Verkauf von Häftlingen in die BRD abgewickelt. Insgesamt wurden etwa 25 Milliarden DM durch die KoKo erwirtschaftet. Allein der Verkauf von politischen Gefangenen in die BRD brachte der DDR ca. 8 Milliarden DM ein und war damit ein lukratives Geschäftsmodell (siehe auch Repression durch die Stasi).

Als die Sowjetunion in den 1980er Jahre die vereinbarten Erdöllieferungen nicht mehr bediente und wichtige Ostblock-Handelspartner  Polen und Rumänien praktisch zahlungsunfähig waren, wuchsen die Probleme weiter an. Zur Energieerzeugung wurde die Braunkohleproduktion massiv hochgefahren, ohne auf die entsprechenden Umweltproblem zu reagieren.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die DDR zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses mit der BRD 1990 nicht pleite war, wie oft behauptet wird. Allerdings wurden die seit 1985 offensichtlichen und bekannten Problemfelder von der Staatsführung nicht angegangen, sondern immer weiter verschoben.
Politisch war es jedoch nicht gewollt, dass die intensiven Handelsbeziehungen zu den Ostblock-Staaten, welche 2/3 des DDR Exports ausmachten, weiter bedient wurden. Statt dessen wurde im Frühjahr 1990 von der Volkskammer die Treuhand-Anstalt gegründet, um die Kombinate wieder zu entflechten und etwa 8.500 Betriebe zu privatisieren. Während der Abwicklungsphase  kam es zu Fördermittelmissbrauch und Wirtschaftskriminalität. Außerdem wurden in nur 2 Jahren (1990-92) ca. 2,3 Millionen Arbeitsplätze in den ehemaligen Staatsbetrieben abgebaut. Die vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl 1990 versprochenen „blühenden Landschaften“ in Ostdeutschland klangen für viele ehemaligen DDR-Bürger nur als Hohn.

 

 

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